Vielfalt statt Tiefgang
Im (Berufs-) Leben wird oft von einem erwartet, sich für einen Beruf, eine Ausbildung, einen Weg zu entscheiden. Dass man dranbleibt an einem Thema, sich spezialisiert und den sogenannten „roten Faden“ im Lebenslauf nachweisen kann.
Für die Scanner-Persönlichkeiten unter uns führen diese Erwartungen und auch teilweise die Reaktionen anderer zu einer inneren und auch äußeren Verwirrung. Sie haben oft das Gefühl, nichts richtig zu können, keinen Plan zu haben und sie fühlen sich orientierungslos.
Kleiner Selbst-Test: Scanner oder nicht?
- Du liebst die Vielseitigkeit?
- Du sprudelst nur so vor neuen Ideen, bist gerne kreativ?
- Du hast am liebsten mehrere Projekte gleichzeitig am Laufen und ständig neue in Planung?
- Du bist sehr neugierig, vielseitig interessiert und probierst gerne neue Dinge aus?
- Du möchtest immer wieder neues lernen, liebst Fortbildungen?
- Dein Bücherregal und deine digitale Bibliothek sind im stetigen Wachstum?
- Dir fällt es schwer, dich für eine Sache, für einen Job oder ein Projekt zu entscheiden und dann dranzubleiben?
- Du springst am liebsten zwischen verschiedenen Projekten hin und her oder suchst nach einer gewissen Zeit nach dem nächsten Projekt?
- Dein Lebenslauf ist bunt und eckig, den roten Faden sucht man vergebens?
- Dir wird es in einem Job, in einem Projekt schnell langweilig?
- Deine Interessensvielfalt überfordert dich und auch andere immer wieder?
- Du verzettelst dich häufig mit deinen vielen neuen Ideen und laufenden Projekten?
Wenn du die meisten dieser Fragen mit JA beantworten kannst, dann solltest du dich intensiver mit der Scanner-Persönlichkeit beschäftigen.
Barbara Sher (amerikanische Autorin und Coach) hat den Begriff geprägt, wir betrachten ihn vor allem im beruflichen Kontext.
Häufig, aber nicht zwingend, findet sich die Scanner-Persönlichkeit auch in der Hochbegabung oder Hochsensibilität wieder. Das macht es im Alltag nicht unbedingt leichter. Doch auch dann gilt es, die Stärken zu fokussieren, die genau diese Kombination mit sich bringt.
Was können Scanner besonders gut?
Scanner besitzen die Fähigkeit, sich schnell in neue Themen einarbeiten zu können. Vernetztes und ganzheitliches Denken, ohne zu tief abzutauchen, fällt ihnen leicht und sie erkennen schnell Zusammenhänge. Sie sind neugierig auf neues Wissen, lernen schnell und oft autodidaktisch. Scanner sind am besten, wenn sie genügend Freiraum haben, ausprobieren und experimentieren dürfen. Wenn es neue Ideen braucht, sind Scanner immer ein guter Sparringspartner. Fazit: Vielfalt ist ihre Stärke.
Mit welchen Herausforderungen sind Scanner konfrontiert?
Diese Vielfalt kann, ohne die passende kanalisierende Struktur, schnell zu Überforderung der eigenen Person oder des Umfelds führen. Scanner haben oft das Gefühl, nichts zu Ende bringen zu können, viele Projekte laufen gleichzeitig und es fehlt immer die Zeit.
Das wird auch immer wieder von außen gespiegelt mit Aussagen wie: „Jetzt fängst du schon wieder etwas Neues an…“, „Bleibt doch mal an einem Thema dran …“, „Setz doch erstmal was um, bevor du eine neue Fortbildung anfängst…“. Solche und ähnliche Aussagen schlagen sich oft in Selbstzweifel nieder. Und das vor allem dann, wenn man sich der eigenen Scanner-Persönlichkeit nicht bewusst ist und nicht weiß, welche Stärke sich eigentlich dahinter verbirgt.
Du bist ein Scanner – und jetzt?
- Der wichtigste Schritt ist die Erkenntnis, dass du eine Scanner-Persönlichkeit bist. Den meisten Scannern ist es nämlich gar nicht bewusst, dass es diese Persönlichkeit gibt.
- Akzeptiere deine Scanner-Persönlichkeit und nimm die Vielfalt und das Multitalent als große Stärke an. Denn genau in der Vielfalt fühlt sich der Scanner zuhause.
- Beschäftige dich intensiver mit diesem Konzept, um den eigenen, ganz persönlichen Weg und das passende Umfeld zu finden. So kann die eigene Scanner-Persönlichkeit mit all ihren Facetten, Stärken und Kompetenzen gelebt werden, sei es im Privatleben wie im Beruf.
Eine sehr gute Grundlage und ein Einstieg in das Thema bietet das Buch von Barbara Sher „Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast“. Darin beschäftigt sie sich ausgiebig mit der Scanner-Persönlichkeit, den unterschiedlichen Typen und auch mit Möglichkeiten, damit umzugehen.
Mein Umgang mit meiner Scanner-Persönlichkeit
Auch ich bin ein Scanner-Typ, nur war mir das bis vor ein paar Jahren überhaupt nicht bewusst.
Jahrelang, vor allem zu Beginn meiner Selbständigkeit, hatte ich das Gefühl, ich müsste mich spezialisieren. Sicherlich auch ausgelöst durch die Positionierungsfrage bei der Gründung. Lange habe ich damit gehadert: Auf der einen Seite der gefühlte Druck von Außen in Richtung Spezialisierung, auf der anderen Seite der innere Drang nach Vielfalt und Abwechslung. Alles in mir hat sich dagegen gewehrt, mich auf ein ganz bestimmtes Thema oder auf eine stark eingegrenzte Zielgruppe zu fokussieren. Genau wegen dieser “Freiheit” hatte ich mich doch selbständig gemacht.
Seit dieser Scanner-Erkenntnis kann ich persönlich viel entspannter und reflektierter damit umgehen. Denn letztendlich ist die Vielfalt meine Stärke. Und ich brauche diese Vielfalt und Abwechslung im Leben, damit es mir gut geht. Nur dann kann ich auch gut im Job sein.
Für mich stehen „Führung & Teams“ sowie „Karriere & Beruf“ in Mittelpunkt meiner Arbeit. Da gibt es einerseits genügend Themen, die Abwechslung und Vielfalt bieten. Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch thematische Zusammenhänge. Das macht es einfacher, in der Zusammenarbeit mit Kunden und Kundinnen mit dem Blick über den Tellerrand zu diskutieren und beraten zu können.
Ein Tipp, was mir persönlich hilft, mich vor allem beruflich nicht zu verzetteln: Ein schönes Notizbuch, in das ich alle Ideen schreibe, damit ich sie nicht vergesse. Dann habe ich nicht das Gefühl, alles gleich umsetzen zu müssen :-).
Den Begriff “Scanner” hatte ich übrigens vorher noch nie gehört – auch nicht in über 12 Jahren HR-Tätigkeit. Dabei ist es vor allem bei der Berufs- bzw. Jobwahl ein wichtiges Thema. Bei vielen Scanner-Typen sucht man den roten Faden im Lebenslauf vergebens. Da überzeugt auch die VITA mit Vielfalt, Abwechslung und einer eher breiten Ausrichtung. Und das ist auch gut so. Es braucht „nur“ den passenden Job und das entsprechende Umfeld, in dem die Stärken und die Vielfalt der Scanner-Persönlichkeit gebraucht werden.